Der geografische Wandel ist in Deutschland in vollem Gange. Der wachsenden Generation 65 plus gehört bereits mehr als jede fünfte Person an. Wer in der Planung seines Neubaus wichtige Grundsätze für altersgerechtes Wohnen berücksichtigt, hat es im Alter leichter, die Wohnung an veränderte Bedürfnisse anzupassen. Durch Modernisierungen und Sanierungen von Bestandsbauten - inklusive der Nachrüstung digitaltechnischer Hilfsmittel - lässt sich der Anspruch an barrierearmes und sogar barrierefreies Wohnen verwirklichen. Was unter altersgerechtem umbauen zu verstehen ist und wie durch weniger Barrieren mehr Lebensqualität erzeugt werden kann, bringen wir euch im Folgenden näher.


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Der Anspruch an altersgerechtes Wohnen besteht darin, die architektonischen Voraussetzungen, die Ausstattung und Einrichtung von Wohnräumen so anzupassen, dass ältere Menschen eine möglichst hohe Barrierefreiheit genießen. Ziel ist es, Senioren zu ermöglichen, im Alter selbstbestimmt zu wohnen und ihren Alltag möglichst eigenständig zu gestalten. Eine Orientierung über die Ansprüche an altersgerechtes Wohnen liefert die DIN-Norm "DIN 18040-2 Barrierefreies Bauen - Planungsgrundlagen.

Zugang zur Wohnung

Ob Terrasse, Balkon, Loggia, Haustür oder Nebeneingangstür - Barrierefreiheit beginnt beim Zugang zur Wohnung. Lassen sich die Wohnräume ohne Stufen und Schwellen betreten, ist ein selbstständiger Zugang mit Gehhilfen, dem Rollator oder Rollstuhl möglich. Gibt es Stufen und Schwellen, erleichtern Handgriffe die Bewältigung. Liegen die Wohnräume nicht ebenerdig, helfen ein Aufzug oder Treppenlift bei der Überwindung von Höhenunterschieden zwischen den einzelnen Stockwerken. Für alle, die noch gut zu Fuß sind, erleichtern beidseitige Handläufe im Treppenhaus das Treppensteigen und geben Sicherheit.

Klingel und digitale Türkommunikationssysteme

Klingelt es an der Haustür bzw. Wohnungstür, ist es wichtig, dass die Klingel laut genug eingestellt oder ein optisches Signal gut sichtbar ist. Digitale Türkommunikationssysteme erfüllen höchste Komfort- und Sicherheitsansprüche. Befindet sich über der Eingangstür eine Videokamera, können ältere Menschen auf einem Display sehen, wer vor der Tür steht. Sprechanlagen und digitale Sprachsysteme ermöglichen eine sichere und komfortable Kommunikation, ohne die Haustür öffnen zu müssen.

Breite von Fluren und Durchgängen

Ein wichtiger Punkt für altersgerechtes Wohnen ist die zur Verfügung stehende Breite von Fluren. Sie sollte 120 cm nicht unterschreiten, um ein Befahren mit Gehwagen und flexibles Wenden zu ermöglichen. Rollstuhlfahrer benötigen als Wendekreis eine Fläche von 150 cm x 150 cm. Türen und Durchgänge sollten eine lichte Breite von mindestens 80 cm aufweisen. Türen zu Räumen, in denen statistisch gesehen eine höhere Unfallgefahr herrscht - wie Badezimmer und Küche - sollten sich nach außen öffnen lassen und von außen zu entriegeln sein, um helfenden Personen in jeder Situation den Zugang zu ermöglichen. Besser als Drehtüren sind Schiebetüren, die sich auch bei eingeschränkter Mobilität problemlos zur Seite wegschieben lassen.

Treppen

Treppen mit einer guten Beleuchtung im Bereich der Stufen auszustatten, sorgt dafür, dass keine Schattenwürfe ungewolltes Stolpern begünstigen. Mindestens ein einseitiger Handlauf ist ein Muss für ein sicheres Gefühl beim Treppensteigen. Besser sind beidseitige Handläufe, um Unfällen vorzubeugen. Ist ein eigenständiges Auf- und Absteigen schwer oder gar nicht mehr möglich, ist die Installation eines Treppenliftes sinnvoll.

Beleuchtung und Bewegungsmelder

Die Anbringung von Bewegungsmeldern vor der Haustür sowie im gesamten Wohnbereich sorgt dafür, dass Verkehrsflächen und Aufenthaltszonen zu jedem Zeitpunkt umfassend ausgeleuchtet sind. Stolpergefahren zu übersehen oder Entfernungen - z. B. zu Türgriffen - falsch einzuschätzen, kann zu Stürzen führen, die ernsthafte Verletzungen nach sich ziehen.

Digitaltechnische Assistenzsysteme


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Digitaltechnische Assistenzsysteme für altersgerechtes Wohnen bieten große Erleichterungen für den Alltag im Alter. Viele Systeme bieten eine flexible Steuerung per Fernbedienung, Smartphone und Tablet. Als Kommandozentrale bieten sie alle Möglichkeiten - von der Licht- und Heizungssteuerung über das Einschalten der Waschmaschine bis zum Öffnen von Fenstern, Türen und Jalousien. Die Kommunikation mit Paketboten vor der Haustür ist ebenso möglich wie die automatische Anpassung von Rollladen und Markisen an aktuelle Witterungsverhältnisse. Eine Herdüberwachung mit Abschaltautomatik vermeidet Brände, wenn Senioren das Abschalten heißer Herdplatten vergessen. Kommt es zum Überlaufen von Wasser oder bricht Feuer aus, helfen automatisierte Alarmfunktionen den Schaden zu begrenzen. Notrufsysteme ermöglichen es im Notfall auf Knopfdruck Hilfe zu verständigen.

Zugang zu Fenstern

Ein tief liegendes Fenster im Wohnraum mit einer Brüstungshöhe von maximal 60 cm eröffnet im Sitzen den Blick nach draußen. Um das Fenster im sitzenden Zustand öffnen zu können, sollte der Fenstergriff unterhalb einer Höhe von 105 cm angebracht sein. Lassen sich Fenster über eine Fernbedienung bzw. digitale Steuerung kippen, lässt sich die Frischluftzufuhr von jedem Ort im Haus aus flexibel steuern. Gleiches gilt für elektrische Rollladen, die Kälte und Hitze abhalten sowie Schutz vor neugierigen Blicken in der Dunkelheit bieten.

Badezimmerausstattung

Barrierefreie Badezimmer ermöglichen auch bei eingeschränkter Mobilität eigenständiges Waschen und eine eigenständige Toilettenbenutzung. Ein wichtiger Punkt sind Bewegungsflächen von 120 x 120 cm vor den Sanitäranlagen. Die Abstände zwischen den einzelnen Anlagen liegen bei 20 cm. Die Benutzung des Waschtisches sollte im Sitzen möglich sein. Von Vorteil ist ein frei hängendes Waschbecken ohne Unterbauschrank.

Bodengleiche Duschen ohne Schwellen lassen sich mit einem Rollator befahren. Um langes Stehen zu vermeiden, ist der Innenraum mit einer stabilen Sitzgelegenheit ausgestattet. Ein an der Wand verankerter Klappstuhl für die Dusche ermöglicht eine flexible Benutzung nach Bedarf. Weitere Optionen sind die Ausstattung mit einem Duschhocker oder Duschstuhl. Das Duschwasser muss eigenständig abfließen, um die Bildung von Pfützen zu verhindern. Rutschhemmende Bodenbeläge im gesamten Badezimmer - insbesondere in der Dusche - verhindern ungewolltes Ausrutschen und unterstützen einen sicheren Stand.

Eine begehbare Badewanne, die mit einer Tür als ebenerdige Zugangsmöglichkeit ausgestattet ist, ermöglicht das Baden bei eingeschränkter Mobilität. Gut erreichbare Abstellmöglichkeiten sorgen dafür, dass alle Badeutensilien griffbereit liegen.

Halte- und Stützgriffe im Bereich der Dusche, der Badewanne, des WCs, am Waschbecken und an anderen Orten, an denen längeres Stehen bzw. Aufstehen erforderlich ist, geben Sicherheit. Lässt die Sehkraft nach, ist es sinnvoll, für leichteres Fassen auffällige Farbtöne für die Haltegriffe zu wählen.

Ausstattung der Küche

Eine altersgerechte Küche schafft beste Voraussetzungen, sich und seine Familienmitglieder im Alter selbst versorgen zu können. Ausgestattet mit einem großzügig dimensionierten Sitzarbeitsplatz ermöglicht sie die Vorbereitung der Zutaten sowie die Erledigung einer Vielzahl von Arbeitsschritten im Sitzen. Die Montage des Herdes und Kühlschrankes in Sichthöhe vereinfacht die Bedienung. Ein erhöht montierter Geschirrspüler lässt sich ohne tiefes Bücken und sogar im Sitzen aus- und einräumen. Alltäglich benötigte Gegenstände - wie Kochtöpfe, Pfannen, Kochutensilien, Teller, Tassen und Besteck etc. - sollten in komfortabler Griffhöhe verstaut werden.

Sind die Unterbauschränke mit Schüben ausgestattet, bieten sie einen übersichtlichen Überblick über den Inhalt. Angenehme Zugriffsmöglichkeiten bieten Apothekerschränke, Rondelle sowie mit Tablar Auszügen ausgestattete Regale. Breite Spangengriffe lassen sich gut greifen und erleichtern das Öffnen und Schließen von Türen und Schüben. Zusätzliche Steckdosen im Bereich der Arbeitsfläche sorgen dafür, dass sich elektrische Küchengeräte bei Bedarf umgehend benutzen lassen.

Ein rutschfester Bodenbelag sowie eine helle Grundbeleuchtung der gesamten Küche - insbesondere der Arbeitsflächen und des Sitzarbeitsplatzes - hilft, Unfallgefahren zu reduzieren. Dimmbare Leuchten bieten die Option, die Beleuchtungsstärke bei Nichtbenutzung der Küche auf ein angenehmes Maß zu reduzieren.

Schlafbereich

Der Schlafbereich stellt für viele Senioren ein Problem dar. Betten in Komforthöhe sind so hoch, dass das Aufstehen leicht fällt. Haltegriffe bieten die Möglichkeit, sich zusätzlich abzustützen. Optimal ist es, wenn Betten von drei Seiten zugänglich sind, um ein einfaches Beziehen sowie - im Bedarfsfall - eine gute Krankenpflege zu ermöglichen. Die Durchgangsbreite rund um das Bett liegt optimalerweise bei mindestens 120 cm. Eine Unterbettbeleuchtung mit Bewegungssensoren sorgt für eine gute Ausleuchtung des Bodens, um Stürze zu vermeiden. Wichtige Hinweise für die altersgerechte Gestaltung eines altersgerechten Wohnumfeldes liefert auch das Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend.